Red Velvet & Silver Screens

Ganz großes Kino

Photographer duo Anastasia and Sasha Laukart and stylists Valerie Specht and Kassandra Schneider dive into the aesthetics of Alfred Hitchock’s “Vertigo” for the editorial “Red Velvet & Silver Screens”. Moments of model Merle Gerhardy are captured in a cinematographic way, while she is placed as a glamorous protagonist between red velvet armchairs and curtains of the old cinema halls. Designs by Issey Miyake, lingerie and sensual gloves evoke old Hollywood romance. As part of this story Achtung talked to former Balenciaga model Merle Gerhardy about the joy of modeling, the fashion industry and faces that inspire her.

Blouse LAURIN SCHULER; Skirt WOLFORD

Bodystocking LASCANA; Body CLARISSA LARRAZABAL; Earrings STYLIST’S OWN

Achtung: Wie bist du zum Modeln gekommen? 

Merle Gerhardy: Ich habe erst relativ spät angefangen zu modeln und bin da mehr oder weniger zufällig reingerutscht. Mein Booker Florian Yüksel hat mich auf der Straße angesprochen und ich dachte mir, ich probiere es einfach mal aus. Das war gegen Ende meines Bachelor Studiums. Kurz darauf hatte ich dann meinen ersten großen Job und bin die Fall/Winter 2018 Balenciaga Show gelaufen und war absolut begeistert.

A: 2018 hast du deinen Look radikal von langer Mähne zu kurzem Bob gewechselt. Wie kam es dazu?  

MG: Das hat Balenciaga in die Wege geleitet. Ich war beim Casting in Paris – das erste Casting auf dem ich überhaupt war – und war erstmal völlig überrascht wie viele Models da waren. Ich dachte mir „das wird nichts“ und nach meinem Walk in den viel zu großen Schuhen von Balenciaga war ich dann völlig davon überzeugt. Keine halbe Stunde später habe ich dann aber den Anruf von meinem Booker Florian bekommen, dass sie mich wollen, wenn sie meine Haare schneiden dürfen. Da habe ich natürlich auch nicht lange überlegt.

Blouse LAURIN SCHULER

Bodystocking LASCANA; Body CLARISSA LARRAZABAL; Bag CULT GAIA; Earrings STYLIST’S OWN

Blouse LAURIN SCHULER; Skirt WOLFORD

A: Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus? Gibt es den überhaupt? 

MG: Wirklich einen typischen Arbeitstag gibt es nicht. Es kommt auf die Art des Jobs an, E-Commerce Jobs sind eigentlich immer ähnlich: morgens beginnt der Tag mit Haare und Make-Up und dann werden über den Tag im Studio um die 35 Kleidungsstücke geshootet, meistens auch mit den gleichen Posen. Editorials oder Kampagnen sind deutlich unterschiedlicher: drinnen oder draußen, zwischendurch Location Wechsel, verschiedene Posen und so weiter. Während der Fashion Week sieht ein Arbeitstag ganz anders aus, da gehören dann auch die verschiedenen Castings zum Alltag. Die tatsächlichen Shows sind natürlich viel kürzer als ein ganzer Shootingtag und die Stimmung ist eine ganz andere. Viel energiegeladener, aufregender.

A: Was macht dir am meisten Spaß an deinem Job? 

MG: Am besten finde ich die Abwechslung in jeglicher Hinsicht. Man arbeitet immer mit anderen, interessanten Menschen, die ihre Ideen in ihrem eigenen Artstyle umsetzen. Das finde ich total spannend. Und man sieht viel von der Welt. Ich war durch Jobs an so vielen Orten, an die ich immer mal gehen wollte, zum Beispiel Kapstadt oder Marrakech. Ohne zu modeln wäre ich dort wahrscheinlich noch nicht gewesen.

A: Was am wenigsten? 

MG: Am Anfang ist es mir wahnsinnig schwer gefallen, mit Absagen umzugehen. Da war jede Job-Option, die rausgefallen ist, richtig schlimm für mich. Man gewöhnt sich im Laufe der Zeit daran und lernt, dass eine Absage nichts mit einem als Person zu tun hat, sondern einfach eine Frage des gesuchten und für den Job best passenden Typs ist. Während der Fashion Week habe ich mal mit einem Model zusammengewohnt, das total entspannt damit umgegangen ist. Sie meinte „it‘s a Game. Sometimes you win, sometimes you lose.“ Daran muss ich immer denken, wenn ich einen Job nicht bekomme. Niemand ist nach einer verlorenen Runde Monopoly am Boden zerstört.

Body SODA LINGERIE; Bralette NENSI DOJAKA; Gloves MM6; Tights WOLFORD; Earrings VINTAGE

Dress MYKKE HOFFMAN; Slip PALMERS; Septum jewelry VINTAGE

Blazer MUGLER; Body NENSI DOJAKA; Tights WOLFORD; Earrings MARIE C.

Bag PACO RABANNE; Body SODA LINGERIE; Gloves MM6; Bralette NENSI DOJAKA; Earrings VINTAGE

A: Ist es dein Traum-Job? 

MG: Aktuell ist es auf jeden Fall mein Traum-Job. Auch wenn das sehr naiv klingt. Ich finde es aber wichtig, sich vor Augen zu halten, dass es in der Regel kein Langzeitjob ist und man einen alternativen, spannenden Beruf braucht. Deswegen mache ich nebenbei meinen Master. Modeln möchte ich aber, solange ich kann.

A: Welche ist deine schönste Erinnerung als Model? 

MG: Das finde ich super schwierig zu beantworten, weil mir sofort mehrere Sachen einfallen. Wenn ich einen gesamten Job nennen sollte, wäre dass das Editorial in Marrakech in einem 5 Sterne Hotel über zwei Tage mit einer wahnsinnig tollen Crew. Das war wie ein besonderer Urlaub. Aber es gab auch viele andere Jobs, an die ich sehr gerne zurück denke, sei es wegen der Menschen, mit denen ich gearbeitet habe oder wegen der Orte an denen ich war. Ich bin so oft am Ende eines Jobs völlig erschöpft ins Flugzeug oder in den Zug gestiegen und dachte mir trotzdem „Wow, das ist meine Arbeit“.

A: Auf welche Anfrage hättest du besonders Lust? 

MG: Prada. Irgendetwas für Prada.

Dress MYKKE HOFFMAN; Septum jewelry VINTAGE

Dress ISSEY MIYAKE; Collar STYLIST’S OWN; Tights WOLFORD; Pumps MAISON MARGIELA; Earrings STYLIST’S OWN

Dress MYKKE HOFFMAN; Septum jewelry VINTAGE

Dress ISSEY MIYAKE; Collar STYLIST’S OWN; Tights WOLFORD; Pumps MAISON MARGIELA; Earrings STYLIST’S OWN; Rings SKULTUNA

A: Welche spannenden Charaktere durftest du durch deine Arbeit bereits treffen? 

MG: So viele! Ganz am Anfang natürlich Lotta Volkova und Demna. Von Lotta Volkova war ich total begeistert aufgrund ihrer eigenwilligen, ganz besonderen Art. Der Fotograf Louie Banks hat mich auch wahnsinnig fasziniert, sehr exzentrisch, sehr begabt.

A: Was muss sich in der Modeindustrie dringend ändern?

MG: Ich finde es teilweise problematisch, wie jung viele Models starten, teilweise die Schule abbrechen und sich hundertprozentig auf das Modeln fokussieren. Es wird immer neue Models geben und irgendwann ist man quasi ausgebrannt. Der Druck, konstant die perfekten Maße halten zu müssen, sowie auch der psychische Druck, immer perfekt zu sein und mit den ganzen Absagen umzugehen, ist definitiv vorhanden. Das finde ich – vor allem für junge Mädchen – sehr kritisch.

Außerdem finde ich es unglaublich wichtig, dass in der Modeindustrie mehr auf Nachhaltigkeit geachtet wird, zum Beispiel durch die Verwendung natürlicher oder recycelter Materialien. Weniger Fast Fashion, mehr Second Hand oder einfach weniger aber dafür gute, zeitlose Kleidungsstücke.

Blouse LAURIN SCHULER; Earcuff MARIE C.

Title image: Blouse LAURIN SCHULER; Skirt WOLFORD

Photographer: Anastasia & Sasha Laukart

Styling: Valerie Specht & Kassandra Schneider

Model: Merle Gerhardy | TUNE Models

Hair & Make-up: Julia Knoll

Location: Kinos im Andreasstadel