House in der Villa

Label Toy Tonics stellt in der Villa Stuck aus

Wenn man an wilde Partys, durchgeknallte Menschen und edgy Kunst denkt, ist München sicher nicht die erste Stadt, die einem in den Sinn kommt. Trotzdem war Ende Februar ganz schön was los in der Bayrischen Hauptstadt. Das independent Musiklabel Toy Tonics hat sich für zwei Tage das renommierte Museum Villa Stuck zu eigen gemacht und ihre erste Pop-Up Gallery veranstaltet – inklusive einer großen Party am Eröffnungsabend mit über 1500 Gästen. ACHTUNG-Fotograf Michael Ullrich macht Graphics, Fotos und Videos für Toy Tonics und hat mit dem Toy Tonics Creative Chef Mathias Modica, dem Illustrator M.I.R.U.E.L. und dem Art Director Paso Kartsolis die Kunstwerke von zahlreichen Toy Tonic Freund*innen und Wegbereiter*innen für die Villa Stuck kuratiert. Mathias Modica hat früher das Musik und Graphik Design Kollektiv Gomma geleitet, Platten mit Bands wie Peaches, WhoMadeWho und LCD Soundsystem produziert und Musik für die Schauen von Labels wie Prada, Maison Margiela oder Chanel gemacht, bevor er vor zehn Jahren Toy Tonics gründete. Wir haben mit den beiden über das Wochenende Ende Februar gesprochen.

Mathias Modica

Michael Ullrich

Toy Tonics in der Villa Stuck in München

Toy Tonics-Eröffnungsfeier am Freitagabend in der Villa Stuck

ACHTUNG: Was ist Toy Tonics?

Mathias Modica: Ein Musik Label und eine Culture Crew. Wir sind DJs, Producer*innen, Musiker*innen, Graphikdesigner*innen, Illustrator*innen und alternative Modedesigner*innen. Eigentlich steht Toy Tonics für einen Gesamt-Vibe. Der besteht nicht nur aus einer bestimmten Musikrichtung, sondern auch aus dem Magazin, welches wir kreieren oder den T-Shirts, die wie produzieren. Ein Wort, was ich gerne nutze um uns zu beschreiben ist audiovisuell. Musik und Kunst in einem sozusagen. Unser Event in der Villa Stuck fasst die Idee von Toy Tonics ganz gut zusammen.

A: Erzählt mal ein bisschen von dem Event in München.

M.M.: Wir wurden eingeladen in der Münchner Villa Stuck eine Pop-Up Gallery zu veranstalten. Wir hatten mit unserem früheren Label Gomma schon Ausstellungen in Kooperation mit Magazinen wie dem 032c Magazin, dem Graphiker Mirko Borsche oder dem Museum “Haus der Kunst” organisiert, aber noch nicht mit Toy Tonics. Der Leiter der Villa Stuck, Michael Buhrs, verfolgt uns schon länger und hat nun für Toy Tonics das gesamte Museum zur Verfügung gestellt – Wir konnten machen, was wir wollten. Das haben wir uns nicht zwei Mal sagen lassen.

A: Wie lange habt ihr an der Pop-Up Gallery gearbeitet?

Michael Ullrich.: Wir waren zehn Leute, die in drei Tagen die gesamte Ausstellung aufgebaut haben. Das war echt Teamwork. Das ausgestellte Material ist aus den vergangenen sieben Jahren.

A: Gibt es ein Kunstwerk, welches für euch besonders hervorgestochen ist?

M.U.: Ich kann das nicht so sagen. Alle Kunstwerke hatten ihre eigenen Stärken und weil sie alle so super unterschiedlich waren, kann ich kein einzelnes rauspicken. Aber das Niveau war generell krass hoch. Egal ob Illustrator*innen oder Fotograf*innen, es war einfach super abwechslungsreich – Die Mischung hat’s gemacht. Die Sachen haben auch nicht nur miteinander harmoniert, sondern voneinander profitiert.

M.M.: Sehe ich genauso. Für euch interessant ist wahrscheinlich Kostas Murkudis. Ich kenne Kostas schon seit 20 Jahren, weil ich früher auf seinen Schauen die Musik gemacht habe. Er hat für uns ein Poster und ein T-Shirt designt, was jetzt rauskommt. Sonst interessant waren noch die Werke von upcoming artists wie Kitasavi, why ebay, Maša Stanić, Leonhard Laupichler, oder Lars Eidinger und Lottermann and Fuentes, ein bekanntes Fotografie-Duo aus Berlin. Wir hatten auch ein paar Juergen Teller Meister-Schüler*innen, die bei uns sehr wilde Bilder ausgestellt haben. Alles bunt gemischt.

Toy Tonics Pop Up Gallery in der Villa Stuck in München

Fotografien und Malereien von Michael Ullrich

A: Was ist euch von den zwei Tagen der Pop-Up Gallery am meisten im Gedächtnis geblieben?

M.U.: Zu sehen wie alle zusammen geholfen haben. Das ganze Team von Toy Tonics und auch die Mitarbeiter*innen der Villa Stuck. Es war ein richtiges Miteinander, alle haben an einem Strang gezogen und alle hatten Bock drauf. Ich komme ja gebürtig aus Bayern und da ist es schon eine tolle Erfahrung bei so einem großen Event in der Villa Stuck dabei zu sein. Die Räumlichkeiten sind aber auch einfach wunderschön. Ich habe zusammen mit Kapote, Paso Kartsolis und M.I.R.U.E.L. die gesamte Gallery kuratiert und das hat unglaublich Spaß gemacht.

M.M.: Es war natürlich ein Wagnis, weil wir noch nie vorher eine so große Pop-Up Gallery kuratiert haben – In einem wirklich wichtigen Museum. Aber es waren echt viele verschiedene Menschen da, von Kunstkritiker*innen, zu Regisseur*innen bis hin zu Hochschulprofessor*innen. Alle haben sich dafür begeistern können und fanden unsere Ausstellung spannend, weil es mal einen anderen Vibe reingebracht hat. Es waren Arbeiten von 30 Leuten, die super unterschiedliche Hintergründe und sehr unterschiedliche Ästhetiken haben, aber es hat super gut harmoniert und einen eigenen Kosmos gebildet.

A: Was kommt als nächstes?

M.M.: Wir hatten vor kurzem noch ein anderes digitales audio-visuelles Konzept entwickelt das wir schon im Museum Triennale di Milano und im Pariser Palais de Tokyo durchgeführt haben. Das machen wir jetzt auch in der Fotografiska Gallery Berlin im März. Dann hat uns die Design Week Mailand eingeladen um dort ein offizielles Event mit 400 Leuten im Parco Sempione zu machen… Und dann machen wir jedes Wochenende normale Label Happenings in ganz Europa. Letztes Jahr hatten wir 130 Events in 13 verschiedenen Ländern, dieses Jahr sind es wahrscheinlich 200 Events.

A: Es steht viel an bei euch!

M.M.: Ja, das stimmt. Ich glaube es gibt grade eine krasse Veränderung in der Pop-Kultur. Ich habe die letzten 15 Jahre Berlin mitgemacht und merke: Wir kommen aus einer – grade von Berlin geprägten – düsteren Härte. In der Mode war alles schwarz. Die Musik war super hart und brutalistisch. Darkness everywhere. Jetzt sehen wir eine neue Generation von Kids auf unseren Toy Tonics Partys. Es sind kaum noch schwarz-tragende Menschen da, alles ist bunt. Man spürt die Positivität und Empathie auf der Tanzfläche förmlich. Alle sind divers und offen. Diese Kids lieben das “organische”, das authentische an unserem Vibe. Die Menschen tragen Vintage-Klamotten oder kleine, versteckte Labels und versuchen nicht mehr durch große Namen zu beeindrucken. Dieser Wild-Style beschreibt unseren Sound und den Mood den wir kreieren. Die Tatsache, dass wir inzwischen auch regelmäßig ins Berghain eingeladen werden zeigt, dass diese Verschiebung der Moods auch oder grade in Berlin stattfindet.