Saskia Diez hat viel, hat auch sich selber ausprobiert – und ist irgendwann beim Schmuck gelandet. Eine richtige Entscheidung, heute gilt die Münchnerin als eine der besten Designerinnen des Landes.

Eine Multifunktionszange und eine Rolle Messingdraht, damit hat alles angefangen. Im Grunde macht Saskia Diez Schmuck, seit sie als Kind eine Art Grundausstattung geschenkt bekommt – auch wenn sie zwischen dem Messingdraht von früher und und dem Feingold von heute ein paar Umwege genommen hat. Studieren, ein bisschen Politik, ein bisschen Germanistik, eine Zeit in Paris, ein Ankommen in München, „ich bin immer so hin und her gestolpert“, sagt sie. Irgendwann wird klar, dass Diez an der Akademie der Bildenden Künste in München studieren will, die Schmuckklasse soll es sein.

Vorher macht sie eine Goldschmiedeausbildung, in der sie sich das klassische Handwerk aneignet. „Aber den ganzen Tag an der Werkbank sitzen und 30 Stunden in ein Unikat investieren, das dann natürlich wahnsinnig teuer ist – das entsprach mir einfach nicht“.  Die Schmuckstücke, die Saskia Diez heute verkauft, definiert sie eher über Mode und Design, als über das tradierte Geschäft mit klassischen Juwelierwaren. 2007 gründet sie die Marke, die ihren Namen trägt. Nach der Teilnahme an einem Designwettbewerb wird der renommierte New Yorker Concept Store Moss auf ihre Arbeit aufmerksam, auch ein erster Kontakt zu Colette in Paris entwickelt sich vielversprechend, schließlich ist es ein Laden aus Tokio, der als erster ihren Schmuck aufnimmt.

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Die Inspiration durch zeitgenössische Kunst und die Affinität zur Mode spiegelt sich im Schmuck der Designerin. (Links) Ear Cuff mit Kugeln in unterschiedlichen Größen aus 18-Karat Gold beschichtetem Messing getragen von Feli. (Rechts) Dreifach Ring Ear Cuff aus poliertem 925 Sterling Silber und Haarspange mit versetztem Kettendesign aus Sterling Silber getragen von Maike.

„Ich bin zwar auch in zwei, drei Schmuckgalerien vertreten, verkaufe aber noch immer vor allem über Design- und Modegeschäfte“, sagt Diez. Das passt, ihre Schmuckstücke sind ausnahmslos modern, bewegen sich zwischen markigem Statement und dezenter Aussage. Massiv, chunky, das sind Worte, die Saskia Diez benutzt, „aber manchmal steht mir der Sinn nach etwas beinahe Unsichtbarem.“ Auch die Impulse, aus denen sich mal Einzelstücke, mal ganze Kollektionen ergeben, erreichen Diez nicht selten aus der zeitgenössischen Designszene heraus. Da ist etwa der kräftige Earcuff, den sie fast seit der Gründung ihres Labels gut verkauft.

Damals stellt Konstantin Grcic seinen Sessel „Sam Son“ mit üppiger Lehne für Magis in Mailand vor. „Ich fand dieses Möbel so unverschämt und seltsam überproportioniert, wahnsinnig cool“, sagt Diez, „so etwas wollte ich unbedingt als Schmuckstück machen.“ Andere Arbeiten wirken wie mit dem feinen Pinselstrich gezogen, an einem filigranen Armreifen etwa wechseln sich Gold und Süßwasserperlen ab, zarte Ohrstecker in Anker- und Pfeilformen entdecken Betrachterinnen und Betrachter erst mit dem zweiten Blick. „Und dann mache ich noch Kooperationen und Projekte, die den Schmuckbegriff erweitern sollen“, sagt Diez. Mit Geza Schön etwa entwickelt sie die Parfums „Gold“ und „Silber“, für die japanische Kollektion Arita 2016 entwirft sie Porzellanobjekte.

Haargummi mit übergroßer Kugel, flammenförmiges Haargummi und Haarring alle aus goldüberzogenem Messing SASKIA DIEZ; Grüner Wollpullover ALEXANDRA GOLOVANOFF.

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Orangefarbener, gerippter Rollkragenpullover LORO PIANA; Maxi Taftrock mit Satin mit seitlichen Rüschen und hohen Schlitz AKRIS; Überlange Kette mit polierten und schwarz bemalten Holzperlen SASKIA DIEZ. Photo: Julia von der Heide.

Überhaupt, Japan, in keinem Land verkauft Saskia Diez so gut wie dort. „Die japanische Kultur hat ein starkes Faible für Design, blickt aber selbst auf keine starke Schmuckhistorie zurück“, sagt Diez, „meinen Kundinnen und Kunden dort gefällt, dass meine Sachen sehr ordentlich gestaltet sind.“ Schöne Politur, perfekte Kanten, einwandfreie Legierung, pointiertes Design und feingeistige Markenausarbeitung, „es gibt in Japan eine sehr starke Wertschätzung von Dingen, die gut gemacht sind“, sagt Diez, „da gibt es viele Bindepunkte zu mir, eine Ehrfurcht vor Material, Handwerk oder vor Wissen zum Beispiel.“

Mit München allerdings, der Stadt, in der Saskia Diez lebt und arbeitet, musste sie erst warm werden. „Über Jahre hinweg konnte ich nur entwerfen, wenn ich eben nicht in München war“, erzählt sie, viele Designs seien damals im Zug auf dem Weg nach Paris oder Berlin entstanden. Heute aber schätze sie Münchens gute Infrastruktur, den Zehnminuten-Spaziergang dorthin, wo sie ihre Edelmetalle kauft, eine starke Branche und die Handwerkskammer direkt vor Ort, viele andere Kreative wie Designer Mirko Borsche, mit dem sie oft zusammenarbeitet – Saskia Diez fasst es ihrem Thema entsprechend zusammen: „München ist wie eine kleine Schatzkiste.“

Title image: Saskia by Sigrid Reinichs.