Ein Fest im Park

20 Jahre österreichische Modeinstanz

Noch immer wenn man „Park Wien“ googelt kommt als erstes der Stadtpark, Esterházy oder natürlich Schönbrunn. Wenn dann aber noch das Wort Store angehängt wird, weiß dann auch Google Bescheid, dass es um den Modeladen in der Mondscheingasse im siebten Wiener Bezirk geht. Gegründet 2004 von Markus Strasser und Helmuth Ruthner, damals auch der erste Concept-Store Österreichs und von dort an der Modetempel schlechthin der Österreicher:innen. Ein klares Auge für den Markt, eine hohe Achtung vor der Mode und eine präzise Auswahl an Kleidungsstücken ließen Park von Anfang an herausstechen. Und natürlich Erni, genauer Ernestine Stollberg, die dem Instagram des Parks immer gerne als Model gedient hat, um die neuesten Arrivals zu präsentieren. Nun zur 20-Jahr Feier wurde im „Parkingspace“, der im September 2023 wieder-eröffnete zweite Stock, eine Ausstellung konzipiert. Das neu umgeräumte Obergeschoss des Parks bietet also nun Raum für wechselnde Ausstellungen und Projekte, so wie jetzt für die „Park 20 / The Merchandise Show“. Wir haben uns mit Markus Strasser über das Event, aber vor allem 20 Jahre Park unterhalten, ein Laden so fest verankert in der österreichischen Modeszene, dass sogar der Besuch im Curriculum eines:r jeden österreichischen Modestudent:in steht.

PARK 20 / THE MERCHANDISE SHOW

ACHTUNG: 20 Jahre Park, jetzt ein Event. Was stellt ihr bei der Merchandise Show aus?

Markus Strasser: Wie die meisten von uns sammle auch ich sehr viele Fotos und dokumentiere tagebuchartig alles, was ich privat, aber auch beruflich erlebe. Bis heute sind das 270.000 Fotos, die ich wochenlang sortiert habe, um ein paar auszuwählen die erzählen, was wir seit 20 Jahren machen. Ich wollte aber keine klassische Fotoausstellung, deswegen die Idee Merchandise Artikel mit diesen Fotos zu bespielen. Dabei sind Badetücher, T-Shirts, Webdecken und zwei Editionen Memory Spiel mit Mode Bildern von Erni Stollberg entstanden. Die entstandenen Produkte sind im Parkingspace ausgestellt und können im Store und online relativ erschwinglich gekauft werden.

A: Könnt ihr euch noch an den Tag der Eröffnung erinnern?

MS: Ja, wir waren total fertig! Der ORF war da, um die Eröffnung zu dokumentieren und die wollten natürlich auch ein Interview mit uns. Wir haben uns dabei so blamiert, dass das Team dann zwei Tage später nochmal kommen musste, um das Interview zu wiederholen.

A: Mit welchen brands habt ihr gestartet?

MS: Wir hatten am Anfang nicht nur Avantgarde Labels, sondern auch Streetwear. Raf Simons, Hussein Chalayan, Christian Wijnants, Ann-Sofie Back, Stephan Schneider, Veronique Branquinho, Bless, MM6, Sophia Kokosalaki, Jonathan Saunders. Aber auch junge österreichische Labels und sogar ausgewählte Teile von Studierenden der Modeklasse in Wien, an der ich damals mit Raf Simons doziert habe.

A: Wie haben die Wiener:innen den Store angenommen?

MS: Irgendwie schon gut, wobei es am Anfang natürlich auch sehr viel Arbeit war, das Ganze nachhaltig aufzubauen. Wir hatten das Glück, dass damals viel über uns geschrieben wurde. Somit hatten wir ziemlich schnell nicht nur die Modeszene Wiens vor Ort, sondern auch Leute, die sich das Park mal genauer anschauen wollten. Viele davon sind dann auch gute Kund*innen geworden.

Park feierte am 20.März 2024 20 Jahre

Die Parkbetreiber Helmut Ruthner und Markus Strasser 

A: Gab es ein credo, das sich durch die Führung des Ladens ziehen sollte und vielleicht bis heute zieht?

MS: Nichts kaufen, wovon man nicht 100 % überzeugt ist und die Leute ehrlich und gut beraten. Wir leben damals wie heute größtenteils von Mundpropaganda und wollen einfach, dass unsere Kund*innen uns mit Looks verlassen, die zu ihnen passen. In unserem Segment geht es hauptsächlich darum zu erspüren, wie Menschen sich in der Mode fühlen. Ich erkenne das sofort an der Art wie selbstverständlich – oder auch nicht – sich jemand in einem Outfit vor dem Spiegel bewegt. Es kann manchmal sehr von Vorteil sein, Kund*innen zu überraschen und Teile vorzuschlagen, die sie selbst nie ausgesucht hätten. Wenn das dann aufgeht und man das Staunen über das soeben neu gewonnene Selbstbild im Gesicht ablesen kann, ist das sehr besonders!

A: Verfolgt ihr Strategien für Park?

MS: Die Art, wie Menschen heute einkaufen, hat sich sehr verändert. Vor 20 Jahren gab es mehr Stammkund*innen, die einfach sehr regelmäßig zu uns gekommen sind. Die nachkommende Generation tickt aber anders. Es gibt mehr Auswahl durch Onlineanbieter. Das heißt, man muss sich schon sehr anstrengen, um relevant zu bleiben. Es ist mir wichtig ein sehr gemischtes Publikum anzusprechen und auch junge Modeinteressierte andocken zu lassen. Die sind übrigens sehr informiert. Das finde ich äußerst interessant. Unser Onlinestore ist natürlich weit entfernt von einer Konkurrenzfähigkeit mit den Big Players, aber er hilft uns andere Zielgruppen zu erreichen und ist für Kund*innen im Umkreis von Wien als Werbeträger eine große Hilfe. Das beste Marketing ist wahrscheinlich sich weiterzuentwickeln, deshalb haben wir auch letztes Jahr beschlossen, uns etwas zu verändern mit der Etablierung des Parkingspace. Dadurch kommen auch regelmäßig andere Menschen in den Laden, das ist sehr cool.

A: Wie kam es zu Erni?

MS: Erni hatte in der Nachbarschaft gewohnt und wir kannten sie vom Plaudern auf der Straße, aber verliebt hat sie sich vorerst in unsere Pudeldame Bonni. Das ging dann fast zwei Jahre so, bis ich sie gefragt habe, ob ich sie mal fotografieren darf. Es sind dann von Mai 2016 bis Dezember 2018 ungefähr 300 Fotos mit Looks aus dem Laden entstanden und sie wurde zum Instagram-Star. Bis in die amerikanische Vogue hat sie es mit ihren 96 Jahren noch geschafft.

A: Wie wählst du für die kommenden Saisons aus?

MS: Das passiert sehr intuitiv.

Park Merchandise Artikel zum Jubiläum: Memory-Spiel, Webdecken, T-Shirts, und mehr

A: Welche brands findest du zur Zeit spannend?

MS: Von etablierten Designer:innen bis zu ganz jungen Labels gibts es bei uns alles. Meryll Rogge, Y/Project, Wales Bonner, Kidill. Aber auch Dries van Noten, Lutz Huelle, Sofie D’Hoore, JW Anderson und viele mehr. Wichtig ist mir wie eigenständig und wiedererkennbar eine Marke ist. Das ist sehr selten geworden.

A: Gibt es eine brand, die du anfangs hattest, aber jetzt nie mehr in den Store holen würdest?

MS: Nein. Alles hat seine Zeit, da bereue ich nichts. Fehlentscheidungen gehören aber dazu. Natürlich habe ich schon Teile gekauft nur um mich dann im Nachhinein zu fragen, ob ich da im Showroom vielleicht nicht ganz bei der Sache war…

A: Hat sich die Begrifflichkeit eines Concept-Stores verändert? 

MS: Mir war dieser Begriff ja schon immer etwas suspekt. Das kam damals eher von außen, dass man als solcher bezeichnet wurde. Ich kann persönlich wenig damit anfangen. Aber klar, man hat gewisse Vorstellungen und Vorlieben, die das Gesamtbild definieren. Man kann es Konzept nennen, ich sage es ist die Leidenschaft für schöne Dinge und wie diese einander begegnen.

A: Konntest du eine Veränderung im österreichischen Mode-Potential erkennen über die letzten Jahre?

MS: Wien ist eine sehr spezielle Stadt, die von Widersprüchen lebt. Es wundern sich viele, wer das alles immer kauft, aber in Wien gibts trotz all der Krisen der vergangenen Jahre einfach gute Leute, mit Geschmack und viel Humor.

Motive aus der 20-jährigen Park Geschichte

A: Arbeitet ihr mit einheimischen Labels zusammen? 

MS: Im Moment mit Petar Petrov und Natures of Conflict. Über die Jahre waren es viele mehr.

A: Rückblickend auf die 20 Jahre, was habt ihr gelernt? 

MS: Dass wir nicht reich werden mit dem, was wir machen. Aber, dass es Spaß macht! Wenn man total auf Geld steht, sollte man keinen Avantgarde Modeladen aufmachen, haha.

A: Vorausschauend auf die nächsten 20 Jahre – wo hofft ihr auf Änderung?

MS: Ich hoffe, dass sich die Welt wieder etwas entschleunigt. Ich sehe auch Tendenzen in diese Richtung. Die Art und Weise, wie Mode hergestellt und konsumiert wird, ist in der Branche viel diskutiert und man spürt erste Anzeichen für Veränderung. Das wird auch von den Kund*innen eingefordert, geschätzt und beschleunigt. Ich schaue da sehr positiv in die Zukunft, denn die Lust mit Mode zu experimentieren wird es immer geben, da bin ich mir ganz sicher!