Hose runter, bitte!

Körperbetonter Komfort statt fader Feinripp

Denn jetzt gibt es die erste Capsule Collection von Calvin Klein Underwear mit Szenen aus Andy Warhols Film „Kiss“

Feinripp? Lycra? Weiß, schwarz? Egal, Hauptsache unsichtbar. Unterwäsche führte jahrelang ein Schatten-Dasein in der Mode. Unterwäsche war etwas Geheimes. Dem Gegenüber in ihr zu begegnen, war wohl so etwas wie der intimste Moment, den die Mode zu bieten hatte.

Bis Calvin Klein kam. Und den verlängerten Bund der bis dahin alltäglichen Baumwollbuxe ans Tageslicht zerrte. 1982 war das, die erste Designer-Unterwäsche, die einen bis dahin eher vernachlässigtes Objekt zum It-Piece machte. Klein gab dem faden Feinripp körperbetonten Komfort und einen Namen. Seinen Namen: Calvin Klein. Der blitze von nun an gewollt oder ungewollt aus den tiefsitzenden Hosen cooler Hedonisten.

Ein selbstdarstellerisches Kult-Objekt, so eine Calvin Klein Slip, das keine Scheu vor der Oberflächlichkeit hat und dessen Arbeiten nun die der Pop-Art Ikone Andy Warhol zieren. Genauer gesagt, Standbilder seines 1963 entstandenen Experimentalfilm Kiss. Ein frühes Dokument der sexuellen Liberalität Warhols, in dem sich Paare minutenlang küssen. Waren zu der Zeit doch Kussszenen, die länger als drei Sekunden dauerten, selbst im freigeistigen Hollywood noch verboten.

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Underwear mit Szenen aus Andy Warhols Film „Kiss“.

Calvin Klein x Andy Warhol.

Schon im letzten Jahr hatte Raf Simons in seiner ersten Kollektion für Calvin Klein Motive des amerikanischen Künstlers verwendet. Die dazugehörige Anzeigenkampagne zeigte einen Jungen, der sein Unterhemd vor Warhols Totenkopf-Werk „Skull“ über den Kopf zieht. Der Auftakt einer mehrjährigen Kooperation mit der „Andy Warhol Foundation of the Visual Arts“, wie bekannt wurde, und in dessen Zuge Simons Zugang zu allen Werken – auch den unveröffentlichten – des Künstlers gewährt wird. Im Gegenzug unterstützt das amerikanische Label Projekte zur zeitgenössischen bildenden Kunst.

Durchaus ungewöhnlich, dass einer Marke und ihrem Designer so viel Freiheit gegeben wird.
Scheu vor diesem Kommerz hätte Warhol, selbst Kind der Konsumwelt, sicherlich nicht gehabt. Denn nahezu alles, was Warhol gemacht hat, war Bildbearbeitung, waren Bilder von Bildern. Er liebte es Dinge zu „verwenden und wiederzuverwenden“, das entspräche dem amerikanischen Geist, sagte er in Interviews dazu. Eine künstlerische Direktive, die auch Raf Simons, seit August 2016 Chefdesigner im Hause Calvin Klein, nicht unbekannt sein dürfte. Ist der Belgier doch dafür bekannt, dass er die Codes der Adoleszenz und Pop-Kultur mit feinen Schnitttechniken in seine Mode einwebt.

Warhols Kunst hält Simons übrigens als eine Offenbarung der dunklen Seiten des amerikanischen Traums. „Seine Kunst bietet praktisch mehr Wahrheiten über dieses Land als alles andere“, sagt der Designer über die Ikone. Und so kommt bei dieser Capsule Collection zusammen, was zusammenpasst: Pop-Art, Kommerz, Sex und Körperkult – amerikanischer kann eine Unterhose wohl nicht werden.

Die Reihe “Kiss“ ist ab 5. Februar auf www.calvinklein.com erhältlich.

Credit for film stills: Andy Warhol, Kiss, 1963; Credit for Andy Warhol Foundation: ©/®/™ The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts ©2018 The Andy Warhol Museum