Die Offline-Strategie

„Theresa ist keineswegs ein Schaufenster.“

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Obwohl die Luxuswelt gerade den Internet-Handel feiert, investiert der Münchener Luxus Onlineshop mytheresa.com in das Re-Design seines Münchener Stores. Das Ergebnis? Eine der schönsten Luxusboutiquen Europas

Aschheim ist eine graue Bürovorstadt von München. Drei- bis viergeschossige Bürobauten, menschenleere Straßen, weit und breit kein Geschäft. Doch von hier aus geht Luxusmode von 200 Designern in 120 Länder der Welt: mytheresa.com ist ein Pionier im Onlinehandel mit klangvollen Namen und Marken. In der Zentrale arbeiten 400 Mitarbeiter aus 35 Nationen, über die Servicehotline werden Kundinnen in der ganzen Welt in sieben Sprachen beraten. Aus dem Logistikzentrum in Heimstetten erreichen Pakete mit exklusiver Mode jeden Winkel der Erde spätestens 72 Stunden nach der Bestellung. Ein Paradebeispiel dafür, wie das Geschäft mit der Luxusmode in heutigen Zeiten des Klicks funktioniert.

Kaum ein Wort hat den Modediskurs der vergangenen eineinhalb Jahrzehnte so geprägt, wie das der digitalen Revolution. Internet und Instagram, das klingt so toll nach Zukunft. Da mag es verwunderlich sein, warum einer der weltweit führenden Online-Anbieter von Luxusmode gerade jetzt in ein physisches Einkaufskonzept – den stationären Handel – investiert, das, glaubt man dem Medien-Hype, in 2025 eh ausgestorben ist.

Achtung Digital sprach mit Michael Kliger, Präsident von mytheresa.com, anlässlich des Re-Openings des Münchener Stores über genau jene Gründe, die Vorteile des stationären Geschäfts und das neue Design des Mytheresa Stores.

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Von Theresa zu Mytheresa.

Seit Mittwochabend erstrahlt Theresa in neuem Design und mit neuem Namen, Mytheresa. Was hat sich verändert?

Im Grunde haben wir die Architektur und das Erscheinungsbild des Stores erneuert. Wir haben Wände weggenommen, um leichter von einem Ende in das andere Ende des Stores zu kommen. Wir haben eine komplett neue Treppe eingesetzt, die – vom Untergeschoss bis in den 1. Stock – wendeltreppenartig nach oben führt. Sprich, wir haben versucht, es noch angenehmer zu machen, in jeden Winkel des Stores zu gelangen. Und wir haben die gesamte Farbgebung und den Material-Mix geändert und die Einrichtung erneuert. Sehr viel Ocker, Flieder, Lila. Sehr viel Samt und Plüschfell, sehr viel Marmor, sehr viel Stahl. Und von Roberto Baciocchi eignes für uns entworfene Möbel.

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Mytheresa bleibt das Mekka der Luxusmode.

Warum haben Sie sich entschieden Theresa ein „rebrush“ zu verpassen?

Es ging uns darum, dem Store nach 10 Jahren ein moderneres Luxusbild zu verschaffen.

Und die Namensänderung oder Erweiterung?

Es handelt sich immer noch um den Theresa Store, der 1987 im Herzen von München gegründet wurde. Das neue Logo schafft nun aber eine Brücke zum Online-Auftritt. Die Typografie des Theresa-Logos bleibt unverändert erkennbar, aber wir haben dem Logo nun ein „My“ hinzugefügt. 2006 wurde der Online-Shop mytheresa.com gegründet. Die ersten Pakete wurden damals aus dem Theresa Store verschickt. 12 Jahre später ist aus mytheresa.com das viel größere Geschäft geworden. Hier wollten wir eine Verbindung schaffen.

Theresa vs. mytheresa.com: unterschiedliche Kundinnen? Anderes Sortiment? Eigene modische Aussage?

Nur 20 Prozent unseres Online-Umsatzes stammt aus Deutschland, 80 Prozent aus dem Rest der Welt. Der Myheresa Store bleibt ganz klar unser lokaler, deutscher Store. Dort bieten wir den internationalen Luxus an, den man von uns gewohnt ist, aber eben zugeschnitten auf unser Store-Publikum. Theresa ist also keineswegs ein Schaufenster des Online-Shops, sondern bietet ein sehr stark kuratiertes, für den Store gemachtes Sortiment an.

Eher ungewöhnlich das man sich als Luxus-Onlinestore noch einen brick-and-mortar store leistet. Wo sehen Sie weiterhin die Vorteile des stationären Handels?

Wir sind natürlich froh uns mit unserem Online-Shop in einem stark wachsenden Markt zu befinden. Wenn man Marktstudien glaubt, dann wird sich das Online-Business in den nächsten 5 bis 6 Jahren verdreifachen. Aber selbst wenn es sich verdreifacht hat, wird das Online-Geschäft weiterhin lediglich 30 bis 35 Prozent des gesamten Luxusmarktes ausmachen. D.h. trotz dieser rasanten Entwickelung wird 50 bis 70 Prozent weiterhin in Stores umgesetzt. Von daher ist der Store Mytheresa für unser Unternehmen extrem wichtig. Hier liegt unser Ursprung. Und es gibt nur noch wenige Multibrand-Luxusboutiquen – das Geschäft hat enorme emotionale Bedeutung.

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Der Store erstrahlt in neuem Glanz.

Trotzdem wird schon heute darüber diskutiert, wie der stationäre Handel die Digitalisierung überleben wird? Momentan ist ja überall von customer experience als „Zaubermittel“ zu lesen.

Customer experience ist natürlich ein sehr weitgefasstes Wort. Aber wenn wir damit meinen, dass wir einen Store entwickeln wollten und hoffentlich auch haben, der, wen man ihn betritt, positive Energie und Wärme ausstrahlt, in dem sich die Kundin in einer femininen und intimen Einkaufsatmosphäre wohlfühlt, dann ist das entscheidend. Aber auch nichts komplett Neues. Das hat Roberto Baciocchi schon vor fast 30 Jahren mit den ersten Prada Stores geschafft. Generell glauben fest an die Bedeutung des stationären Luxusgeschäfts. Aber die Hürden werden immer höher, um in diesem Wettbewerb und insbesondere auch gegen das Online-Geschäft zu bestehen. Deshalb ist es wichtig, eine Kuration vorzunehmen und eine starke Persönlichkeit zu entwickeln. Das wollten wir mit unserem neuen, sehr charakteristischen Design unterstreichen.

Warum sind On- und Offline in ihrem Business auch weiterhin das perfekte Paar?

Weil es dieselbe Kundin ist. Es gibt nur ganz wenige Kundinnen, die nur online oder nur offline shoppen. Es ist dieselbe Frau, die nach einem hektischen Tag froh ist abends um 22h auf dem Sofa oder im Bett online zu shoppen und die, wenn sie dann mal Zeit hat oder im Urlaub ist, zu Bergdorf Goodman in New York oder am Wochenende zu Mytheresa in München geht und dort einkauft.

Persönlich: Was sind ihre Lieblings-Stores – mal abgesehen von Theresa?

Fasziniert hat mich vor eineinhalb Jahren in Seoul, Boon The Shop, sehr beeindruckend. Ansonsten finde ich gerade Restaurant-Konzepte wie z.B. die Langosteria in Mailand sehr spannend. Auch in dieser Branche geht es mittlerweile nicht mehr nur darum, gut zu essen, sondern Ambiente und Design tragen auch hier unheimlich viel dazu bei, ob man einen schönen Abend verbracht hat oder nicht.