Im Trubel der London Fashion Week S/S17 mit ihren 83 Designern auf den Laufstegen und 150 weiteren in den Showrooms — und das sind nur die offiziellen Zahlen — kann es schon passieren, dass einem ein verstecktes Juwel durch die Lappen geht. Julia Seemann fiel uns während der Vorbereitungen auf die Londoner Modewoche dank ihres deutsch klingenden Namen im Dickicht der ellenlangen Labellisten auf. Kein Wunder, dass wir an ihrem Showspace einmal vorbeischlendern wollten.

Die Absolventin der Basler Hochschule für Gestaltung und Kunst (FHNW) arbeitete für Vivienne Westwood und Meadham Kirchhoff in London, bevor sie es mit ihrem Label auf eigene Faust versuchte. So zeigte sie im Februar 2015 die Workwear-inspirierte Kollektion „Another Composition“ bei V Files in New York und erregte damit die Aufmerksamkeit von Rihanna, die prompt ein Seemann-Outfit zur Kanye Wests Adidas Originals Show trug.

In London präsentierte Seemann jetzt ihre Kollektion für das kommende Frühjahr, für welche sie mit dem Künstler Ramon Hungerbühler zusammenarbeitete, der in seinem Schaffen die Bedeutung des Striches in der Kunst untersucht. Für ihre Hiphop-inspirierte Kollektion brachte Seemann per Sieb- und Transferdruck jene Striche auf amerikanischen Denim auf. Mit ihren Kleidungsstücken setzt sie sich so mit dem Werk des Künstlers auseinander und mit Materialitäten.

Das Aufeinandertreffen von Pailletten, Nadelstreifen und steifem Jeansstoff inszeniert Julia Seemann dabei genauso lässig wie sie ihre 1990er-angehauchte Streetfashion vor dem harmonischen Alpenpanorama drapiert.